Nachkalkulation: denn nach dem Bauprojekt ist vor dem Bauprojekt

17. Mai 2023

Die Nachkalkulation im Handwerk ist ein wichtiges Instrument, um Abweichungen zur Angebotskalkulation nach Abschluss eines Bauprojekts aufzuzeigen.

Liubomyr Vorona / iStock / Getty Images Plus Liubomyr Vorona / iStock / Getty Images Plus

Die Analyse eines Fußballspiels mag für Spieler und Trainer zeitaufwändig und unbequem sein, gibt aber wertvolle Einblicke für die Zukunft. Hat die vor dem Spiel ausgearbeitete Taktik funktioniert? Haben unerwartete Ereignisse das Ergebnis ungünstig beeinflusst? Und was kann man daraus für die Zukunft lernen?

Die Nachkalkulation im Bauwesen und Handwerk insgesamt hat einen ganz ähnlichen Zweck. Als Kontrollrechnung, die nach Ausführung des jeweiligen Auftrags erstellt wird, kann der tatsächliche Kosten- und Zeitaufwand ermittelt und mit den Ergebnissen der Vorkalkulation verglichen werden.

Gerade kleinere und mittlere Handwerksbetriebe verzichten jedoch oft auf eine ordentliche Nachkalkulation – und verschenken damit ein wichtiges Kontrollinstrument. Die Vorstellung, dass Nachkalkulationen nur etwas für größere Unternehmen und riesige Projekte seien hat zur Folge, dass viele Meisterbetriebe plötzlich vor finanziellen Schwierigkeiten stehen, weil keine ordentliche Erfolgsanalyse der Aufträge durchgeführt wird.

Controlling ist für manche Handwerksbetriebe noch immer kein Thema

Die Kontrolle der Kosten und der Performance wird neudeutsch als Controlling bezeichnet. Traditionelle Handwerksbetriebe verzichten jedoch häufig auf dieses wertvolle Instrument, das die Abweichungen zwischen Angebotskalkulation, Vorkalkulation und Auftragsverlauf aufzeigen kann.

Es handelt sich zwar grundsätzlich um die mehr oder weniger einfache Frage, ob am Ende ein Plus herauskommt oder nicht, aber eine sorgfältige Nachkalkulation bietet darüber hinaus noch wesentlich mehr Informationen, aus denen für die Zukunft gelernt werden kann. Neben Einflüssen wie Wetter oder Verzögerungen durch Zulieferer und andere Projektbeteiligte können interne Abläufe und Strukturen den Profit stark schmälern.

Nicht immer lässt sich durch die Erkenntnis eines Problems auch gleich eine Lösung finden – denn auf manche Faktoren hat der einzelne Betrieb im Rahmen eines Bauprojektes nun einmal keinen direkten Einfluss. Durch das Aufzeigen von Fehlerquellen (die schon die Vorkalkulation betreffen können) lassen sich jedoch Probleme im innerbetrieblichen Ablauf schneller erkennen und beheben, wodurch die Rentabilität bereits signifikant steigen kann.

Zudem dient die Nachkalkulation als Entscheidungshilfe für künftige Aufträge, die ähnlich gelagert sind, zumal sich auch die kontinuierliche Auslastung mit Aufträgen oft nur durch geschickte Planung gewährleisten lässt.

Wer als Handwerksbetrieb modern und kosteneffizient arbeiten möchte, kommt um die Erfolgsanalyse von Aufträgen also nicht herum. Das gilt für große Baukonzerne ebenso wie für den kleinen Handwerksbetrieb mit Meister und zwei Gesellen. Für kleinere Firmen ist eine sorgfältige Nachbereitung oft sogar wichtiger, da in der Regel weniger Spielraum für finanzielle Fehlschläge besteht. Das Spannende dabei: Die meisten Unternehmen wenden unbewusst bereits einzelne Elemente des Controllings an und müssten sie eigentlich nur besser koordinieren. Die Nachkalkulation ist hierfür perfekt geeignet.

Zielsetzung der Nachkalkulation

Eine Nachkalkulation dient dem Vergleich zwischen Soll-Zustand und dem Ist-Zustand nach Ausführung des Auftrags. Bei Abweichungen werden Ursachen ermittelt und aufgrund dieser Analyse entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet.
Unternehmensziele können überdacht und neu definiert werden, wenn es die Lage erfordert.

Folgende Ziele sollten verfolgt werden:

  • Kontrolle der ursprünglichen Vorkalkulation
  • Analyse von Abweichungen zwischen Vorkalkulation und Ist-Zustand
  • Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens
  • Informationsgewinn als Basis für künftige Vorkalkulationen
  • Kostenerfassung (insbesondere für größere Projekte)
  • Instrument zur korrekten Abrechnung (insbesondere bei öffentlichen Projekten erforderlich)

Unterschied zwischen technischer und kaufmännischer Nachkalkulation

Es gibt einen Unterschied zwischen technischer und kaufmännischer Nachkalkulation.

Während die technische Variante die Auswertung des mengenmäßig erfassten Aufwands (z. B. Arbeitszeit, Maschinenzeit, Materialverbrauch) betrifft, wertet die kaufmännische Nachkalkulation die tatsächlichen Ist-Kosten bei Löhnen, Material und Stoffen im Vergleich zu den in der Vorkalkulation erfassten Sollwerten aus. Sie wird innerhalb der Baubetriebsabrechnung erstellt und steht in direktem Bezug zum Controlling der Baustelle und des Bauauftrags. Erfasst werden neben dem gesamten Bauauftrag auch einzelne Bauabschnitte, Teilleistungen und Baulose des Projekts.

Methoden für eine korrekte Nachkalkulation

Wie bei anderen Kalkulationen kommen auch für die Nachkalkulation verschiedene Verfahren infrage. Allerdings sollte ein Betrieb stets die gleiche Methode für die verschiedenen Kalkulationen (also z.B. Vorkalkulation, Zwischenkalkulation und Nachkalkulation) anwenden, damit die Werte aussagekräftig und vergleichbar bleiben.

Es sollte nie vergessen werden, dass neben der aktuellen Vergleichbarkeit innerhalb des Projekts Daten für die langfristige Wirtschaftlichkeit des Unternehmens erfasst werden und auch künftige Kalkulationen aufgrund dieser Analyse entstehen sollen. Je vergleichbarer die Zahlen sind, umso besser.

Erfassung in der Nachkalkulation

Zentrales Element der Nachkalkulation ist die Erfassung der tatsächlich angefallenen Kosten eines Auftrags. Diese bestehen aus verschiedenen Komponenten, wie zum Beispiel:

  • Materialverbrauch
  • Fertigungslöhne bzw. Gehälter
  • Maschinenstundensätze

Wichtig ist die korrekte Erfassung schon deshalb, weil die meisten Unternehmen oft mehrere Aufträge parallel bearbeiten. Es ist also wichtig zu wissen, welche Materialentnahmen auf welche Baustelle anzurechnen sind.

Die betriebsinterne Erfassung sollte durch präzise Kontierung und Kennzeichnung geprägt sein. Dazu zählen neben den obligatorischen Materialentnahmescheinen auch Fremdrechnungen sowie die Arbeitsbegleitpapiere.

Insgesamt ist das Berichtswesen für die korrekte Nachkalkulation essenziell. Bei den Fertigungslöhnen muss die Stundenzahl entsprechend den Aufträgen zugeordnet werden. Auch hier steht die korrekte Erfassung im Vordergrund. Analog wird bei der Nutzung von Maschinen und Geräten verfahren, die einem bestimmten Auftrag zuzuordnen sind.

Wann wird mit der Nachkalkulation begonnen?

Die Nachkalkulation wird je nach Vorliebe manchmal schon vor dem kompletten Abschluss eines Projekts begonnen. Die meisten Unternehmer starten damit aber erst nach Erfassung der finalen Kosten, die mit einem bestimmten Auftrag verbunden sind und bereits die Abrechnung erstellt wurde.

Danach werden die tatsächlichen Kosten (auch als Ist-Kosten bezeichnet) mit den Werten der aktuellen Vorkalkulation verglichen. Ergeben sich dabei Abweichungen, sind diese in ihre einzelnen Komponenten aufzuschlüsseln (z.B. Preis und Mengen).

Unterlässt man diesen wichtigen Schritt, bleibt die Nachkalkulation unpräzise, weil auf Materialpreise in der Regel kein Einfluss genommen werden kann, auf unerwarteten Mehrverbrauch allerdings schon.

Aufbau der Nachkalkulation

Grundsätzlich unterscheidet sich der Aufbau der Nachkalkulation nicht wesentlich von dem der Vorkalkulation.
Der Unterschied liegt in der Aufführung von tatsächlichen Verbrauchsmengen und Preisen.

Während diese in der Vorkalkulation nur geschätzt werden, liegen in der Nachkalkulation die endgültigen Werte vor. Aus dem Vergleich angefallener Kosten mit dem Erlös kann der Unternehmer den letztlichen Auftragserfolg ableiten. Ist eine tiefere Abweichungsanalyse gewünscht, ist auch diese mithilfe der Nachkalkulation möglich.

Typische Ursachen für Abweichungen zwischen Nachkalkulation und Vorkalkulation

  • Fehleinschätzungen oder das Vergessen von Kostenpositionen in der Kalkulation.
  • Fehler bei der Arbeitsvorbereitung: Sorgfältige Organisation von Arbeitsabläufen kann massive Einsparungen bei den Arbeitskosten bringen, die bis zu 90 Prozent der Gesamtkalkulation ausmachen können.
  • Fehlende Optimierung von Produktion und/oder Einkauf hinsichtlich Preis und Termineinhaltung. Vorsicht: Optimierung darf nicht zu Qualitätsproblemen führen.
  • Unterschätzen der Konkurrenz, deren Aktivitäten sich auf Preise und Rabatte auswirken können.
  • Fehler bei der Auftragsausführung (z. B. durch falsches Material oder nicht geeignete Geräte): Jeder Fehler führt zu zeitlichen Verzögerungen und macht das Projekt teurer.
    Sorgfalt bei der Vorkalkulation kann dieses Risiko minimieren.

Was bedeuten Abweichungen für den Erfolg der Firma?

Nun könnte man einfach argumentieren, dass bei negativen Abweichungen zur Vorkalkulation ein Misserfolg droht und bei positiven Ergebnissen der Nachkalkulation alles in Ordnung ist. Doch so einfach ist es nicht.

Es gibt Aufträge, deren Wert für die Firma nicht nur anhand des Erlöses beurteilt werden kann. Hat man beispielsweise die Möglichkeit, durch einen weniger rentablen Auftrag viele rentable Folgeaufträge oder den Zuschlag für ein größeres Projekt zu erhalten, kann sich auch ein initialer Verlust schnell ins Gegenteil verkehren.

Umgekehrt ist ein auf dem Papier gewinnbringender Auftrag eventuell langfristig schädlich, weil man lukrativere Projekte zugunsten dieses knapp rentablen Projekts ablehnen musste. Abgesehen davon sind die Zahlen jedoch meist eindeutig. Liegen Abweichungen vor, ist es wichtig, die Ursachen zu ermitteln.

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