Das Kalkulationsschema – transparente & nachvollziehbare Angebote im Baugewerbe

2. Februar 2021

Bei Ausschreibungen im Baubereich erfolgt die Angebotskalkulation nach einer gewissen Gliederung. In der Baupraxis wird ein bestimmtes Kalkulationsschema mit Kalkulationselementen verwendet.  

BrianAJackson / iStock / Getty Images Plus BrianAJackson / iStock / Getty Images Plus

Ein Kalkulationsschema ermöglicht es Handel, Industrie und Handwerk, die Kosten für ihre Produkte oder Dienstleitungen systematisch zu berechnen beziehungsweise aufzulisten. So ermittelt beispielsweise der Kaufmann die Untergrenze für den Verkauf seiner Erzeugnisse mithilfe einer Handelskalkulation. Zum Einkaufspreis addiert er den für die Lagerung und den Vertrieb seiner Ware notwendigen Aufwand hinzu.

Im Baugewerbe findet das Kalkulationsschema im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen für die Angebotskalkulation Anwendung. Dabei zeigt es die Höhe der einzelnen Kostenbestandteile im Verhältnis zu den Gesamtkosten für eine Leistungseinheit auf.

Das Kalkulationsschema

  • erfasst die einzelnen Elemente der Kalkulation und grenzt sie voneinander ab,
  • erlaubt transparente Aussagen zu den veranschlagten Preisen,
  • schafft eine vergleichbare Grundlage, um die Gesamtsumme des Angebots nachzuvollziehen, und
  • veranschaulicht darüber hinaus den stufenweisen Ablauf der Kalkulation.

Diese Aspekte gelten für den bei öffentlichen Bauaufträgen meist genutzten Einheitspreisvertrag ebenso wie bei unter bestimmten Voraussetzungen möglichen Pauschalverträgen.

Der Aufbau eines Kalkulationsschemas für die Vergabe von Bauaufträgen

Den Ausgangspunkt für die als Zuschlagskalkulation bezeichnete Art der Ermittlung einer Angebotssumme bilden die Einzelkosten für zu erbringende Teilleistungen. Ein Verfahren, das aus vorherigen Bauvorhaben resultierende und vorbestimmte Zuschlagsätze verwendet, ermöglicht lediglich die Annäherung an die tatsächlichen Kosten. Im Gegensatz zur Kalkulation über die Angebotssumme verzichtet der Unternehmer dabei für die Festlegung der Einheitspreise auf die exakte Berechnung der Gemeinkosten. Das in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend in der Baupraxis wie bei verschiedenen Softwarelösungen übliche Vorgehen berücksichtigt diese jedoch. Folgendes Kalkulationsschema findet bei Ausschreibungen im Baubereich allgemeine Anwendung:

Einzelkosten für die Teilleistungen
zuzüglich der Baustellengemeinkosten
= Herstellkosten
zuzüglich der Allgemeinen Geschäftskosten
= Selbstkosten
zuzüglich der Zuschläge für Wagnis (Verlustgefahren) und Gewinn
= Summe für das Angebot (netto)
zuzüglich der anfallenden Umsatzsteuer
= Angebotssumme mit Umsatzsteuer (brutto)

Bei einer von oben nach unten ablaufenden Vorwärtskalkulation berechnet das Unternehmen also aus den Einzel- und Gemeinkosten die Angebotssumme. Je nach Zweck stehen zwei weitere Arten für die Nutzung des Kalkulationsschemas zur Wahl. Der umgekehrte Weg führt bei einer Rückwärtskalkulation im Ergebnis zu den Einzelkosten der jeweiligen Teilleistung. Stellt der Gewinn die gesuchte Größe dar, erfolgt die dafür angewendete Differenzkalkulation von beiden Seiten des Schemas.

Die Elemente des Kalkulationsschemas für Ausschreibungen im Baugewerbe

Einzelkosten der Teilleistungen

Im Rahmen der Ausschreibung bestimmt das Unternehmen für sein Angebot zunächst die Einzelkosten zu allen Teilleistungen. Letztere ergeben sich regelmäßig aus der im Leistungsverzeichnis der Ausschreibung üblichen Untergliederung. Die Auftraggeber ordnen ihnen normalerweise eine eigene Ordnungszahl zu. Die Einzelkosten dafür bilden den Ausgangspunkt der Baukalkulation. Als Grundlage für die Berechnung dient einerseits der verwendete Kontenrahmen beziehungsweise dessen betriebliche Aufbereitung im Unternehmen. Andererseits kommen die nach dem Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund) – ergänzende Formblätter (EFB) Preise 221 sowie 222 – auszuweisenden Anforderungen zum Tragen. Der Ansatz für die aufzulistenden Kostenpositionen erfolgt prinzipiell nach dem Mengen-Wert-Gerüst für die Baukalkulation. Im Einzelnen:

  • Die Lohnkosten ergeben sich aus dem Produkt der notwendigen Arbeitsstunden und dem Mittel aller für die Beschäftigung von Arbeitnehmern jeweils anfallenden Kosten. Der kalkulatorische Wert enthält lohnbedingte Zuschläge, Soziallasten und die Lohnnebenkosten.
  • Zu den sonstigen Kosten gehören Baumaterialien wie Ziegel, Sand und Beton. Neben dem Einkaufspreis setzen sie sich aus den Kosten für den Transport zur Baustelle, das Abladen und Stapeln sowie den Bruch, Verschnitt oder Streuverluste zusammen. Zu den Bauhilfsstoffen zählen bei entsprechenden Arbeiten erforderliche Rüst-, Schal- und Einbaumaterialien. Aufgrund der meist mehrfachen Nutzung ist die Wertminderung aus der geschätzten Häufigkeit der Einsätze abzuleiten.
  • Unter Gerätekosten fallen alle Aufwendungen für das Vorhalten und den Betrieb von Maschinen, Fahrzeugen und Geräten – einschließlich der Vorbereitung für den Einsatz. Dies schließt den An- und Abtransport, das Ab-, Auf- oder Umladen, den Aufbau, das Umsetzen sowie den Abbau ein. Aufzunehmen sind dabei die zum Erbringen der Teilleistung notwendigen Ausgaben für Betriebs- beziehungsweise Schmierstoffe, Wartung und die Pflege. Außerdem enthält diese Position Vorhaltekosten für die Abschreibung, Zinsen und Reparaturen.
  • Als Fremdleistungskosten erfasst das Kalkulationsschema alle durch Subunternehmen übernommenen Bauleistungen.

Führt das Leistungsverzeichnis das Einrichten der Baustelle als gesonderte Leistung aus, nimmt es die anbietende Firma bei den Einzelkosten auf. Ansonsten fällt die Position unter die Baustellengemeinkosten.

Da die Einzelkosten für die Teilleistungen zugleich die Basis für die Umlage verschiedener Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn bilden, bedürfen sie der besonderen Beachtung. Die Mengen- und Wertansätze dafür stellen als preisbestimmende Größen den Schwerpunkt jeder Kalkulation dar.

Baustellengemeinkosten

Mit dem Punkt Baustellengemeinkosten nimmt das Kalkulationsschema alle nicht direkt einer Teilleistung zuzuordnenden Kosten auf. Nach der gesonderten Ermittlung lassen sie sich den jeweiligen Einheitspreisen prozentual zuschlagen beziehungsweise – wie aufgezeigt – bei den Einzelkosten als eigenständige Position anführen. Beispielsweise umfassen sie die Kosten für Bereitstellungsgeräte wie Baukräne, Container, Kreissägen oder Lohn- und sonstige Kosten. Abhängig von der Größe der Baustelle zählen dazu Aufwendungen für Leistungen wie

  • die Versorgung mit Wasser, Elektrizität und technischen Einrichtungen für die Kommunikation,
  • die Entsorgung von Abwasser und Abfällen,
  • das Errichten von Zufahrten, Baustraßen und Lagerplätzen für Material oder Baumaschinen,
  • die Absicherung der Baustelle mit Zäunen, Beleuchtungsanlagen, Einhausungen oder Signalanlagen,
  • eine örtliche Bauleitung mit dafür zu kalkulierenden Gehalts-, Büro- und Reisekosten,
  • die Versicherung von Bauleistungen, Nutzungsgebühren, Mieten oder Pachten – soweit diese nicht in den Allgemeinen Geschäftskosten berücksichtigt werden – und
  • der Rück- beziehungsweise komplette Abbau der Baustelleneinrichtung nach Beendigung aller Arbeiten.

Vorrangig kleinere Firmen und Handwerksbetriebe im Baugewerbe schlagen ursächlich als Baustellengemeinkosten zu veranschlagenden Aufwendungen häufig den Allgemeinen Geschäftskosten zu. Neben betriebsbedingten und abrechnungstechnischen Gründen erweist es sich bei ihnen oftmals als unmöglich oder nicht sinnvoll, sie kalkulatorisch voneinander abzugrenzen.

Die Allgemeinen Geschäftskosten

Die Allgemeinen Geschäftskosten fallen für den Betrieb des Unternehmens insgesamt an und lassen sich den Einzelkosten für die Teilleistungen nur indirekt zuordnen. Die bei den Kostenstellen Leitung und Verwaltung des Unternehmens erfassten Kostenarten bestimmen deren Inhalt. Neben den Gehältern für die Betriebsführung und Angestellte kommen hier folgende Positionen – soweit nicht als Baustellengemeinkosten ausgewiesen – zum Tragen:

  • Abschreibungen für die Geschäftsausstattung und Pkws,
  • Kosten für Betriebsgebäude, Mieten, Buchhaltung, Energie, Wasser und Reinigung,
  • Steuer, öffentliche Abgaben und Beiträge zu Baugewerbe- oder Fachverbänden,
  • Versicherungen, Unternehmens- und Steuerberatung, Patent- oder Lizenzgebühren,
  • Ausgaben für Forschung und Entwicklung von Bautechnologien,
  • Reise-, Repräsentations- und Werbungskosten sowie
  • der bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen anzusetzende kalkulatorische Unternehmerlohn.

Der für die Kalkulation zu erfassende Prozentsatz errechnet sich aus der Gesamtsumme der jährlichen Allgemeinen Geschäftskosten im Verhältnis zur Bauleistung pro Jahr (netto). Bei der Verrechnung im Rahmen der Zuschlagskalkulation bezieht er sich auf die Einzelkosten der Teilleistungen.

Wagnis und Gewinn

Ein Wagnis bedeutet in der Baukalkulation Verlustgefahren, die aus dem Bauauftrag und seiner Ausführung herrühren. Der betriebsbezogene Anteil deckt dabei allgemeine Unternehmenswagnisse kalkulatorisch ab. Dazu gehören

  • Kalkulationsirrtümer und -fehler,
  • Verzögerungen bei der Bauzeit oder
  • Mehraufwendungen durch den Ausfall von beauftragten Subunternehmen.

Dagegen ergibt sich das leistungsbezogene Wagnis aus den mit der konkreten Bauleistung verbundenen Einzelwagnissen. Sie entstehen beispielsweise durch fehlerhafte Ausschreibungen, unzureichende Prüfung der Leistungsverzeichnisse oder die Erarbeitung des Angebots. Abhängig vom Bauauftrag variiert die Spanne für das Wagnis und beträgt – bezogen auf die Einzelkosten der Teilleistungen – zwischen drei und sechs Prozent.

Die Höhe des Gewinns bestimmen Unternehmen im Rahmen ihrer betrieblichen Finanzplanung vorab. Bei der Vorwärtskalkulation für die Ausschreibung von Bauaufträgen lässt er sich als Prozentsatz vom Einzelpreis der Teilleistungen ausdrücken. Darauf bezogen bewegt sich die Höhe der anzusetzenden Zuschläge im Allgemeinen zwischen vier und acht Prozent. Andere Kalkulationsvarianten weisen den Gewinn alternativ als absoluten Betrag, etwa auf die Angebotssumme, aus. Das VHB-Bund fordert seit 2018, Wagnis und Gewinn gesondert auszuweisen.

Die Angebotssumme drückt den kalkulierten Gesamtpreis für das ausgeschriebene Bauprojekt aus. Sie bezieht sich auf alle Positionen des Leistungsverzeichnisses. Zu unterscheiden ist zwischen der Nettosumme ohne Umsatzsteuer und dem Angebotsbetrag mit der Umsatzsteuer (brutto).

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